Auf dem Weg zum Praktikum: Jonas Tresbach berichtet von unserer Mitgliederreise im Oktober 2016

Vorbemerkung:
Nachfolgend finden Sie die Aufzeichnungen von Jonas Tresbach, Mitglied des Freundeskreises, die er während der Mitgliederreise des Freundeskreises vom 22.10. bis zum 31.10.2016 gemacht hat. Im danach folgenden berichtet er von seiner Zeit als Praktikant für die katholische Entwicklungsorganisation OCADES/Caritas in Burkina Faso.


Dienstag, 1. November 2016 - Tenkodogo: Die erste Woche
Endlich schaffe ich es, euch nach einer ereignisreichen Woche von meinen ersten Erlebnissen in Burkina zu berichten. Wir hatten einfach so viel um die Ohren, dass an einen früheren Blogeintrag nicht zu denken war. Zum Glück führe ich hier aber ein Tagebuch, sodass ich bestimmt nichts Wichtiges vergessen werde.

Ein wunderschöner Baobab (Afrikanischer Affenbrotbaum)
Am Samstag, den 22. Oktober, sind wir also frühmorgens am Frankfurter Flughafen gestartet. Der Abschied von meiner Freundin und meiner Familie war tränenreich, denn zwei Monate sind zwar im Rückblick bestimmt nicht viel, aber hören sich im Vorfeld schon ziemlich doll an (und zur Zeit muss ich leider sagen, dass sie sich auch lang anfühlen). Über Brüssel sind wir dann also in einem fast sechsstündigen Flug nach Ouagadougou geflogen. Als wir wohlbehalten aus dem Flieger stiegen, schlug uns eine unglaubliche Hitze entgegen. Von 8 auf über 35 Grad an einem Tag, das ist schon ziemlich krass. Wir wurden dann von zwei Fahrern, mit denen wir auch die kommende Woche unterwegs sein sollten, am Flughafen abgeholt und ins Hotel gefahren. Es lieferte sich ein unglaublicher Anblick: Überall roter Sand, überall Müll und vor allem sehr einfache Häuser am Straßenrand, vor denen überall Menschen versuchten irgendetwas zu verkaufen. Das Highlight war aber eine Kuhherde, die von Kindern über die Straße getrieben wurde, sodass unser Auto anhalten musste. Das werde ich wohl so schnell nicht vergessen. Man ist ein paar Stunden geflogen und in einer komplett anderen Welt angekommen. Die Zimmer im Hotel waren einfach, aber sauber und in Ordnung. Bett, Bad mit Dusche, Waschbecken und Toilette, Schrank, Klimaanlage und Ventilator. Alles da. Abends sind wir dann noch mit dem Besitzer des Hotels und dessen Frau, sowie einem französischen Ehepaar aus Chinon essen gewesen. Letztere kannte ich witzigerweise schon, weil ich im Super U in Chinon, der ihnen gehört, vor einigen Jahren ein Praktikum gemacht hatte. Es gab Hähnchen mit frittierten Kartoffeln und hat gut geschmeckt. Ich freue mich auf die Zeit hier in Burkina. :)

Ouagadougou

Sonntag, 23. Oktober: Bei der Stadtrundfahrt mit unserem Übersetzer Paul aus Tenkodogo und unseren Fahrern Eric und Aristide stellte ich insbesondere eins fest: viel Müll. In Ouaga (und übrigens auch überall sonst) gibt es keine Müllabfuhr. Das machte mich schon betroffen, weil überall auch Esel, Kühe, Ziegen und Schafe darin rumschnuppern auf der Suche nach Essen. Außerdem habe ich mir auch den Bart komplett abgeschnitten, um mal zu testen, wie das aussieht. Ich bin aber mittlerweile zur Erkenntnis gelangt, dass es mit doch deutlich besser ist und lasse wieder wachsen.

Nochmal Ouaga.


Montag, 24. Oktober: Heute wurden wir von unseren Fahrern in zwei Jeeps nach Tenkodogo gebracht. Dabei haben wir auf dem Weg u.a. das eindrucksvolle Operndorf, das von Christoph Schlingensief initiiert wurde, besichtigt. Dabei handelt es sich um ein deutsches interkulturelles Schulprojekt. Wir hatten zudem die Möglichkeit mit Aino Laberenz, der Witwe von Schlingensief und Leiterin des Operndorfs zu sprechen und uns die eindrucksvolle Architektur und die neue Krankenstation anzuschauen. Auf der weiteren Strecke fuhren wir über eine gut ausgebaute Straße und sahen wunderbar unberührte Landstriche – das fehlt in Deutschland! Auf halber Strecke führten wir noch ein Gespräch mit einem Vertreter der Deutschen Botschaft. Dann kamen wir in Tenkodogo an und ich hatte sofort einen tollen Eindruck. Die Zimmer im Hotel waren auch gut. Gegenüber tranken wir mit dem Ehepaar aus Chinon noch ein Bier, dann fielen wir müde ins Bett.

Schule von Gorgou.


Dienstag, 25. Oktober: Heute hatten meine Freundin und ich Jahrestag (<3). Und wir waren auf dem Marché de Tenkodogo. Enge, verwinkelte Wege mit Stoffen, Fleisch und allen anderen Dingen. Wirklich ein toller Anblick! Außerdem sind wir nach Gorgou gefahren. Das ist eins der kleinen Dörfer, die zu Tenkodogo gehören. Dort an der Schule ist der Verein schon seit einiger Zeit tätig. Wir haben uns den aktuellen Stand angeschaut. Die Aufladestation für Handys, die dort vor zwei Jahren errichtet wurde, hat Konkurrenz im Dorf bekommen. Der Schulgarten soll bald bepflanzt werden. Alles in allem wunderbar diese Ausflüge auf die Dörfer!

Mittwoch, 26. Oktober: Heute waren wir in Goursampa, einem weiteren Dorf. Die „Straße“ dort hin war grauenhaft, aber unsere Fahrer haben sie gemeistert! Der Brunnen, damit das Dorf Wasser hat, den wir dort gebaut haben, wird regelmäßig gewartet und ist im vollen Betrieb. Auch der Schulgarten, der mit unserer Hilfe gebaut wurde, blüht. Es ist toll zu sehen, dass unsere Hilfen und Ideen nicht nur angenommen, sondern auch weiterentwickelt werden. Hier können wir guten Gewissens noch ein zweites Schulgebäude bauen. Nicht zu beschreiben ist die Freude der Kinder, als wir dem Schulleiter für sie Fußbälle überreichten –  einfach großartig!

Goursampa, ganz vorne der Dorfchef


Donnerstag, 27. Oktober: Heute haben uns Jean-Louis und seine Frau Martine aus Chinon ihre Projekte gezeigt. Sie haben in der Umgebung von Tenkodogo drei Schulen und eine Krankenstation gebaut. Das war sehr eindrucksvoll. Ein bisschen nervig ist aber, dass Jean-Louis ohne Unterlass redet, er hört einfach nicht auf.

Freitag, 28. Oktober: Leider habe ich die Nacht und den Tag krank im Bett bzw. im Bad verbracht. Ich habe wohl etwas Falsches gegessen. Deshalb konnte ich auch nicht meinen Chef Abbé Dénis bei Caritas kennenlernen, die anderen mussten ohne mich fahren. Mir ging es so richtig schlecht. So schlecht, dass ich sogar überlegt habe, ob ich überhaupt noch hier bleiben möchte. Zum Glück konnte ich nach Hause telefonieren, das hat mir geholfen. Heimweh gehört wohl leider dazu.

Samstag, 29. Oktober: So richtig gesund bin ich noch nicht und mein Heimweh hat auch nicht nachgelassen. Trotzdem bin ich in mein neues Zimmer umgezogen. Es liegt in der katholischen Gemeinde von Tenkodogo und hat ein Bad (mit mitteleuropäischer Toilette, Gott sei Dank!), Bett, Schreibtisch und Schrank. Auch ein Ventilator ist da und der läuft auf Hochtouren! Es ist nicht besonders schön, aber es lässt sich hier leben. Die Anderen haben sich heute von mir verabschiedet und sind zurück nach Ouagadougou gefahren.

Sonntag, 30. Oktober: Heute habe ich Moped fahren gelernt! Meine Brüder wären stolz auf mich. Paul, unser Übersetzer, hat es mir beigebracht und Spaß hat’s auch gemacht! Paul und seine Familie kümmern sich sowieso super um mich, sie haben schon für mich gekocht und wollen sogar waschen. Danke!


Montag, 31. Oktober: Das schönste war, dass hier niemand von Halloween gesprochen hat. Ich bin nochmal mit Paul und dem Roller unterwegs gewesen, mittlerweile klappt es echt gut. Abends hat Jean-Louis seine Freunde eingeladen zum Essen von französischen Delikatessen, die er mitgebracht hatte. Das war schön, aber der Mann redet und redet und redet. Man kommt nie zu Wort und irgendwann ist man nur noch genervt.

Dienstag, 1. November: Endlich November! Jetzt geht das Praktikum endlich los. Ich habe kurz meinen Chef kennengelernt. Da aber heute Allerheiligen war, wurde hier ein großer Gottesdienst (3 Stunden!) gefeiert, in dem auch Pauls drittes Kind getauft wurde. Danach war ich auf der Tauffeier, das war schön. Und ich kann endlich wieder essen.
Morgen beginnt dann endlich mein Praktikum!

Gottesdienst: Die Kirche ist voll, draußen sind auch noch viele Menschen!

An alle, die bis hierher gelesen haben: Ich versuche in Zukunft etwas öfter zu schreiben, dann wird es auch nicht so lang. ;-) Die erste gute Woche hier war sehr abwechslungsreich. Natürlich dauert es eine Zeit, bis man sich an das Leben hier gewöhnt hat. Aber die Eindrücke, die man auf den Dörfern gewinnt von all den tollen Menschen, die mit so wenig Mitteln irgendwie über die Runden kommen, sind unbezahlbar und zeigen, dass es eine gute Entscheidung war, hierher zu kommen. Leider habe ich aber auch festgestellt, dass ich wirklich „gut“ vermissen kann. Ich hoffe, dass sich das mit der Zeit regelt und ich meinen Aufenthalt hier so richtig genießen kann. Ich habe ein gutes Gefühl!

Bis dahin! A bientôt
Jonas

Paul et moi

Zwei Monate in Tenkodogo - Jonas Tresbach als bei OCADES/Caritas

 Die zweite Woche: Das Praktikum beginnt
Nach einer einer ersten, anstrengenden Woche, in der ich die Projekte des Freundeskreises Hofheim-Tenkodogo kennengelernt habe, ging mein Praktikum bei OCADES Caritas in den letzten Tagen nun endlich los und so langsam fühle ich mich hier angekommen. Aber der Reihe nach…

OCADES Caritas Tenkodogo, mein Arbeitsplatz

Mittwoch, 2. November 2016: Abbé Dénis, mein Chef für die nächsten gut sechs Wochen, hat mich morgens eingesammelt und mit seinem Pickup sind wir ins Büro von OCADES Caritas Tenkodogo gefahren. Da er quasi ein Nachbar von mir ist, war das kein Problem. Bei OCADES wurde ich meinen Kolleg_innen vorgestellt, die sehr nett zu sein scheinen; Seini Sinare hat mich zum Beispiel direkt auf Facebook geaddet. Nach der Begrüßung hat Abbé Dénis mit mir über OCADES gesprochen. OCADES steht für Organisation catholique pour le Développement et la Solidarité und ist nichts anderes als die Caritas hier in Burkina Faso. OCADES kümmert sich dementsprechend um benachteiligte und arme Menschen, ihre Projekte drehen sich hauptsächlich um klassische Entwicklungshilfethemen wie Bildung (insbesondere inklusive), Alphabetisierung (in Burkina sind noch immer fast 70 Prozent der Bevölkerung Analphabet_innen) und Rehabilitation (da bin ich noch nicht ganz so dahinter gekommen, was das genau ist).

Zudem haben wir ein bisschen über meinen Aufenthalt gesprochen und Grundsätzliches geregelt. Gearbeitet wird bei OCADES von 7 bis 12.30 Uhr und von 13.30 bis 16 Uhr, was mich erstmal getroffen hat; nicht weil es mit acht Stunden mehr als bisher angenommen ist, sondern dass es um 7 losgeht… Nach dem Schock habe ich mein eigenes Moped gekommen, jetzt bin ich endlich mobil und das Trainieren mit Paul hat sich ausgezahlt!

Am Vormittag habe ich dann mit dem Abbé noch eine Tour durch Tenkodogo gemacht, bei der ich u.a. der örtlichen Polizei vorgestellt wurde. Außerdem haben wir die École Saint Vincent de Paul besucht, die unter anderem Kinder mit Sehbehinderungen unterrichtet. Dort werde ich unter Umständen auch einen Teil meiner Zeit verbringen und den Lehrer_innen helfen. Unser Verein hatte der Schule vor zwei Jahren einen Braille-Drucker geschenkt, wegen dem nun nicht mehr alles auf einer Schreibmaschine getippt werden muss. Dieser wurde von den Lehrer_innen als große Errungenschaft gelobt.

Nafo (Moore für 'Rind')

Donnerstag, 3. November 2016: Anders als am ersten Tag des Praktikums hatte ich am zweiten nicht besonders viel zu tun. Deshalb habe ich einige Daten über Burkina Faso zusammengesucht, die zeigen welch krasser Gegensatz in puncto Wohlstand dieses Land im Vergleich zu Deutschland ist:
Burkina Faso
    
Deutschland
Human Development Index (HDI): Platz 181/187 mit einem Index von 0,388
    
HDI-Platz 6/187 mit einem Index von 0,911
Pro-Kopf-Einkommen (2006): 449 US-Dollar
    
Pro-Kopf-Einkommen (2013): 44.999 US-Dollar; also das 100-fache!

Nach der Arbeit war ich noch mit zwei Kollegen, Bayala und Jerôme, ein Bier trinken. Dabei konnten wir uns super austauschen und Burkina und Deutschland vergleichen. Ich habe ihnen klar gemacht, dass Deutschland mehr als Bier und Oktoberfest ist und von unserm Ebbelwoi erzählt. ;)

Abends habe ich dann Paul vorgeschlagen, dass ich mit seinen Schülern auf dem Gymnasium im Deutschunterricht einen Workshop machen könnte (Danke für die Idee, Mama!). Er fand die Anregung super und so werde ich im Dezember also mit seinen Schüler_innen deutsche Lieder wie „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ und „Bruder Jakob“ singen und deutsche Spiele (Stille Post, …) spielen. Wer weitere Ideen hat, kann sie mir gerne mitteilen, danke!

Dorfplatz von Zéké

Freitag, 4. November 2016: Mit meinem Kollege Bayala war ich „sur le terrain“, also unterwegs in den Dörfern, die zu Tenkodogo gehören. Wir sind mit seinem Motorrad gefahren. Thema war der richtige und pflegliche Umgang mit dem Wasser aus den dortigen Brunnen. Das erste Dorf heißt Nama. Der Schulleiter einer dortigen Schule hat uns in Tenkodogo abgeholt, um uns den Weg zu zeigen, Wegweiser oder ähnliches gibt es nämlich nicht. Es waren ca. 40 Menschen gekommen, um sich von OCADES informieren zu lassen, hauptsächlich Männer und natürlich auch der Dorfchef; die haben eine herausragende Rolle und treten z.B. bei Streits im Dorf als Mediatoren auf. Die Frauen hielten sich mit den Kindern im Hintergrund auf, die Männer redeten, was meinen bisherigen Eindruck vom westafrikanischen Frauenbild stützte. Alles wurde in Moore, also der einheimischen Sprache, besprochen, weshalb ich rein gar nichts verstanden habe. Mein Kollege hat mir aber im Vorhinein und danach alles Wichtige berichtet. Französisch können auf den Dörfern nur die wenigsten. Wieder zeigte sich, dass fehlende Bildung eins der entscheidenden Probleme ist. Ich sehe hier eine Diskrepanz zwischen den Dörfern und der Stadt: In der Stadt sind die meisten höher gebildet. Der einzige Kommunikationsweg von OCADES mit den Dörfern sind also persönliche Gespräche. Kampagnen können aufgrund der Nicht-Verbreitung von Massenmedien nicht über diese geführt werden. Viele Dorfbewohner hatten aber Handys, mit denen auch viel telefoniert wird. Ich denke, die Lage hat sich durch die Ausbreitung von Mobiltelefonen deutlich gebessert.
Im Dorf wurde dann eine Association des Usagers de l’Eau gegründet, also eine Gruppe, die sich stellvertretend für alle Dorfmitglieder um die Instandhaltung der Brunnen kümmert. Sie eröffnet z.B. auch ein Konto, auf das jährlich alle Wassernutzer_innen einen kleinen Betrag einzahlen, damit ggf. Reparaturen usw. bezahlt werden können.

Das zweite Dorf war Zéké. Dort mussten wir zwei drei Stunden auf den Termin warten, weil wir im ersten Dorf so schnell fertig waren, aber eine Rückfahrt nach Tenkodogo zeitlich nicht gepasst hätte. Also haben wir einen Mittagsschlaf gemacht, was auch nicht verkehrt war. Nach der Wartezeit, in der mir insbesondere aufgefallen ist, wie schlecht die Zähne der Dorfbewohner sind (hier könnte man evtl. auch ein Projekt machen), waren zwar einige Dorfbewohner_innen gekommen, aber nicht die Brunnen-Verantwortlichen, sodass wir das Gespräch leider absagen mussten. Bayala sagte, das sei ganz normal, er sei daran gewöhnt. Ich empfand es als eine Frechheit.

Ein toller Baum in Zéké

Nach der Arbeit war ich noch in einem kleinen Supermarkt (der einzige hier!) einkaufen. Als ich dann wieder losfahren wollte, bin ich mit dem Roller hingefallen. Die Leute haben mir direkt geholfen, was sehr nett war. Zum Glück ist auch zufällig Paul mit seinem Roller in dem Moment auch dort gewesen, der mich zu sich nach Hause mitgenommen und dort verarztet hat. Am Abend bin ich dann schon wieder Roller gefahren, außer zwei Schürfwunden ist zum Glück auch nichts passiert, obwohl ich keinen Helm (wie alle hier!) aufhatte.


Samstag, 5. November 2016: Ich habe mich hauptsächlich von einer anstrengenden Woche erholt, etwas gelesen und nachmittags das 1:0 der SGE gegen Köln per Internet-Radio auf dem Handy verfolgt. Natürlich hatte ich zu diesem Anlass mein schönes Eintracht-Trikot an. Hier tragen übrigens fast alle Kinder immer Trikots von den großen europäischen Fußballvereinen: Real Madrid, FC Barcelona, Atletico Madrid, BVB, Juventus Turin und leider auch Bayern (wenn die wüssten… ;)). Abends habe ich noch lange mit meiner Heimat telefoniert! ;)


Fröhliche Hessen überall!

Sonntag, 6. November 2016: Paul hat mich zum Essen mit seiner Familie eingeladen. Ich fühle mich immer etwas schlecht, dass seine Ehefrau so viel für mich macht (z.B. kocht sie oft für mich und wäscht meine Klamotten) und ich nur untätig in ihrem Wohnzimmer sitze, aber Paul sagte mir, das sei in Afrika normal („Il faut que tu apprennes vivre africain“). Nach dem Essen haben Paul und ich den Roller nach dem Sturz wieder ganz auf Vordermann gebracht!

Eine Schule in Garango

Montag, 7. November 2016: Eine neue Woche beginnt bei OCADES mit einer Zusammenkunft aller Mitarbeiter, die durch ein gemeinsames Vater-Unser-Gebet eingeleitet wird. Dann erzählt jede_r, was sie oder er in der letzten Woche gemacht hat und in der anstehen Woche vorhat. Das halte ich für sinnvoll, damit alle wissen, was so passiert.

Rucksackübergabe

Nach dieser Runde bin ich mit meinen Kollegen Seini und Martine nach Garango, ein großes Dorf zu Tenkodogo gehörend, gefahren. Dort haben wir an den Schulen jenen Kindern, die entweder eine Beeinträchtigung oder deren Eltern sehr arm sind, Schulranzen mit den Unterrichtsmaterialien für das grade begonnene Schuljahr überreicht. Damit waren wir den ganzen Tag beschäftigt und morgen geht es noch weiter! Der Job war wirklich anstrengend wegen der Hitze, außerdem waren die „Straßen“ wirklich eine Zumutung. Seini tendiert zudem dazu, wie ein Henker zu fahren, sodass man keine ruhige Minute hatte. Auch die Rinderherden, die die Straßen auf den Dörfern blockieren, tragen nur kurzfristig dazu bei…

Nafos versperren den Weg

Das waren die Tagesberichte. Daneben möchte ich noch kurz ein paar allgemeine Dinge loswerden:

Wetter/Klima: Da es hier nun immer trockener wird, gibt es auch immer mehr Staub, wodurch der blaue Himmel nicht zu sehen ist, obwohl keine Wolke da ist. Gut, dass ich einen Mundschutz zum Rollerfahren habe! Nachts ist es mittlerweile nicht mehr ganz so warm, sodass man gut schlafen kann; tagsüber aber schwitzt man nach wie vor richtig viel, was zur Folge hat, dass man nur selten aufs Klo muss. ;)

Sprache: Da sich die meisten hier auf Moore unterhalten, fühlt man sich ziemlich ausgeschlossen. Wenn die Leute mit mir sprechen, klappt es aber mit dem Französischen immer besser.

Essen: An das Essen gewöhnen sich mein Magen und ich uns immer mehr, Reis mit Erdnusssoße ging heute zum Beispiel einwandfrei. Manche Sachen traue ich mich aber noch nicht und ich passe nach wie vor auf, was mir auf den Teller kommt!

Eine weitere Schule in Garango mit Bäumen, die den Kindern, Lehrer_innen und Tieren Schatten spenden

Wie fühlt man sich als Weißer? Ich bin ich hier weit und breit der einzige Weiße und man fühlt sich schon oft beobachtet, einfach weil man anders aussieht. Man wird aber in keiner Weise angefeindet oder abwertend behandelt, überhaupt nicht. Vielleicht wird man etwas häufiger angebettelt von kleinen Kindern, aber da muss man dann hart bleiben. Trotzdem ist der Gedanke daran, wie vor Krieg und Armut Geflüchtete bei uns in Europa von einigen Unmenschen behandelt werden, seit ich hier bin, allgegenwärtig.

Heimweh: Diesbezüglich hat sich mein Zustand deutlich verbessert. Natürlich vermisse ich meine Freundin und es ist toll, dass wir so regelmäßig telefonieren können. (An dieser Stelle muss man WhatsApp einfach mal danken.) Man merkt durch diese Erfahrung hier auch, wie gut es uns in Deutschland geht und dass bei uns auf einem sehr hohen Niveau gejammert wird. Ich weiß nun noch besser, dass ich niemals auswandern werde, weil ich das Leben daheim einfach liebe. Aber ich habe meine Situation akzeptiert. Noch sechs Wochen. Nicht mehr und nicht weniger.
So, es tut mir wirklich leid, dass der Eintrag wieder so lang wurde. Danke, dass ihr bis zum Ende am Ball geblieben seid.

 Montag, 14. November 2016
Die dritte Woche: So gut wie angekommen
Schon wieder ist eine Woche hier in Tenkodogo passé und ich bin euch einen Bericht schuldig. Mir geht’s hier sehr gut: Die Leute sind sehr nett und zuvorkommend und ich finde mich mittlerweile schon echt gut zurecht. Wie immer fasse ich zunächst die Tage kurz zusammen und greife am Ende noch einige allgemeine Themen auf.

Eine Herde Nafos (Rinder)

Dienstag, 8.11.2016: Wie ich bereits beim letzten Mal berichtet habe, habe ich mit Seini und Martine Rucksäcke für bedürftige Kinder gepackt und an die Schulen in Garango gebracht. Geholfen hat uns dabei Marcel, ein OCADES-Mitarbeiter, dessen Arbeitsplatz vor Ort in Garango ist und der alle Wege in und auswendig kennt. Ich finde es unglaublich, dass man sich das alles merken kann, für mich sieht alles ziemlich gleich aus. Die Kinder haben sich über die Schulsachen und Rucksäcke sehr gefreut. Endlich können sie richtig am Unterricht teilnehmen und etwas lernen. Die Dankbarkeit in den Augen der Kinder verriet, dass man hier in Burkina als Schüler_in eine andere Einstellung hat als viele Schüler_innen in Deutschland, die sich tagtäglich morgens in die Schule schleppen. Die Kinder hier verstehen, dass Bildung die Grundlage für ein gutes Leben ist. Das Ausfahren der Rucksäcke hat sehr lange gedauert und war anstrengend. Vor dem Feierabend sind wir noch in ein Geschäft gefahren, in dem wir weitere Rucksäcke und Schulsachen kauften, um diese am Mittwoch noch verteilen zu können. Um 18 Uhr konnte ich dann endlich Feierabend machen. Abends war ich zwar total müde, habe mich aber trotzdem noch mit Louis auf ein Bier getroffen. Louis ist derjenige, der die Projekte des viel redenden Franzosen betreut, während dieser nicht vor Ort ist. Diese Begegnungen nach Feierabend machen Afrika aus. Man kann offen reden und erfährt viel.

Ein wunderschöner Baobab und unser Auto

Mittwoch, 9.11.2016: Der erste Blick aufs Handy war wie ein Schock: Donald Trump war zum amerikanischen Präsidenten gewählt worden.

Eindrücke von Burkina Faso - ein halbes Jahr später

Heidi Henningsen fasst ihre Erfahrungen und Erlebnisse ein halbes Jahr nach der Reise im Oktober 2016 kurz zusammen:

Ich bin sehr froh diese Reise mitgemacht zuhaben.
Mit Hilfe unseres ausgezeichneten Dolmetschers Paul hatten wir die Möglichkeit ganz nahe an die Menschen heranzukommen und ihre Sorgen und Nöte zu verstehen. So wie es einem Touristen niemals möglich ist. Aber in Burkina Faso gibt es sowieso so gut wie keinen Tourismus. Das zeigte uns auch ein Erlebnis auf dem Markt in Tenkodogo, wo wir Saatgut und Gießkannen für den Schulgarten der Grundschule in Goursampa einkauften. Eine ganze Schar Kinder lief hinter uns her und rief etwas in der Regionalsprache Moré, immer wieder. Wir fragen den Dolmetscher, was diese Rufe bedeuten, und er meinte lächelnd: „Sie rufen: 'Weiße Menschen, weiße Menschen!'“

Was mich auch beeindruckte, war die Geschicklichkeit der Handwerker. Die aus allem, egal ob Holz, Blech oder auch Früchten, schöne Dinge herstellen können, die man auch hier in Deutschland gut verkaufen kann. Besonders die Schönheit der Stoffe verführte uns zu manchem größeren Einkauf.

Ich freute mich zu sehen, mit welcher Begeisterung unsere Mitbringsel, hauptsächlich die Fußbälle, bei den Kindern der Schulen, die wir betreuen, auslösten. Über 100 Kinder wollten uns die Hand geben und sich bei uns bedanken. Zum Abschied sangen sie noch ein Lied für uns.

Manche, denen ich von unserer Reise berichte, meinen: „Das ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, was ihr da macht.“
Das sehe ich nicht mehr so. Wenn wir zwei Schulen unterstützen, dann profitieren davon 600 Kinder. Sie haben sauberes Wasser, Toiletten und bekommen zu ihrem Mais- oder Hirsebrei Gemüse aus dem Schulgarten, der mit unserer Hilfe angelegt wurde.

Ich bewunderte auch die Frauen, die stolz und selbstbewusst auf ihrem Moped durch die Stadt fahren. Oft vorne ein Kind, hinter sich ein Kind und in wunderschönen, farbenprächtigen Kleidern gewandet.

Es stimmte mich traurig von einer Deutschen, die in B.F. lebt, zu erfahren, dass die Beschneidung der Mädchen wieder zunimmt.

Trotzdem nahm ich viele positive Eindrücke mit nach Hause.
Beeindruckt hat mich z. B. eine junge Mutter in einem Gesundheitszentrum, die uns stolz ihr neugeborenes Baby präsentierte.

Mein Fazit ist: Burkina Faso ist arm, aber auch bunt und fröhlich. Ich kann nur jedem, der die Möglichkeit hat, empfehlen eine Reise dorthin mitzumachen und die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen selbst zu erleben.



Reisebericht Februar 2010

Wir entdecken ein neues Land: Burkina Faso

Tenkodogo: seine Menschen, seine Landschaften, seine Schwierigkeiten

Zehn Tage bereiste unsere 10-köpfige Delegation aus Stadt und Politik sowie Förderkreis Hofheimer Städtepartnerschaften einen kleinen Teil des Landes. Organisiert und geleitet hat die Reise Jean-Louis Guillou, dem Vorsitzenden des Vereins „Chinon Amitiés Internationales“ aus Chinon, Hofheims Partnerstadt in Frankreich. Zusammen mit ihm war auch seine Frau Martine gekommen.

Diese zehn Tage in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, in Tenkodogo mit seinen vielen Dörfern, und auch der Besuch im Nationalpark Nazinga an der Grenze zu Ghana, hinterließen eine bedrückte, eine faszinierte, eine zum Engagement für die dortigen Menschen hoch motivierte Delegation.

Resümiert hatten wir: „Wir sind überall mit einer ausgesprochenen Herzlichkeit und Offenheit aufgenommen worden. Die Eindrücke, die afrikanische Kultur und die Freundlichkeit haben uns alle sehr berührt. Bei allen Schwierigkeiten ob der Lebenssituation war die Würde, die die Menschen ausgestrahlt haben, unübersehbar und sehr beeindruckend.

Ein erstes Resultat ist der inzwischen gegründete Freundeskreis Hofheim-Tenkodogo e.V. (i.Gr.), der sich Ihnen hier präsentiert. Was Hofheim und seine Bürgerinnen und Bürger in welcher Form unterstützen können, wird auf den verschiedenen Ebenen diskutiert und dann umgesetzt.

Um den Bericht nicht erheblich zu überdehnen, beschränken wir uns auf die nachstehende stichwortartige Skizze:

In der Hauptstadt Ouagadougou hatten wir ein Gespräch mit dem deutschen Botschafter, Dr. Ulrich Hochschild, und Herrn Neu, Chef der KfW-Niederlassung in Burkina Faso, einem ehemaligen Hofheimer Bürger. Dazu machten wir einen Rundgang über den Zentralen Markt.

Danach fuhren wir nach Tenkodogo (ca. 150 km entfernt von Ouagadougou): Tenkodogo ist eine Stadt und ein dasselbe Gebiet umfassendes Departement; zugleich Hauptstadt der Region Centre-Est und der Provinz Boulgou und hat in den sechs Sektoren des Hauptorts sowie den ihn umgebenden 83 Dörfern rund 124.000 Einwohner.

  • Vor der Stadtgrenze wurden wir von ca. 200 / 300 Menschen, die zum Teil auf Pferden, zum Teil mit Mofas und Autos kamen, empfangen und in die Stadt begleitet. Ein offizieller Empfang durch Bürgermeister Alassane Zakané schloss danach an.
  • Besuch des Gymnasiums und Besichtigung der Schulräume, die durch die Unterstützung der Stadt Hofheim und des IHH e.V. vor 1994 Jahren errichtet werden konnten.
  • Besuch von zwei Grundschulen in Dörfern um Tenkodogo
  • Besuch der medizinischen Station De Loanga, Gespräch und Rundgang mit dem Leiter der Einrichtung
  • Gespräche mit den Dorfchefs dreier Dörfer
  • Besichtigung von traditionellen und neuen Brunnen
  • Besuch eines Projektes einer Frauengruppe, die gemeinsam mit der Anpflanzung von Tomaten, Auberginen und Bohnen und dem Verkauf auf dem Markt Geld verdienen.
  • Gespräch mit Bürgermeister Zakané, Mitarbeitern der Verwaltung und Stadtverordneten – insgesamt circa 80 Personen nahmen an diesem Treffen teil.
  • Private Einladungen durch den Bürgermeister und den Direktor des Gymnasiums

Aufenthalt im Naturpark Nazinga. Die Ranch de Nazinga oder Ranch de Gibier de Nazinga liegt im Süden Burkina Fasos nahe der Grenze zu Ghana. Nach dem Vorbild der „game ranches“ im südlichen Afrika werden Jagdtourismus und Fotosafaris angeboten. 1973 privat gegründet, wird sie nun vom Umweltministerium Burkina Fasos betrieben.

Rückkehr nach Ouagadougou
Besichtigung des Projektes „Association de Football Germano-Burkinabe pour la Jeunesse“ durch Botschafter Dr. Hochschild.

  • Besichtigung der Batikwerkstatt, in der die Batiken hergestellt werden, die auch in Hofheim verkauft werden. Der Batikkünstler Ernest wird seine Arbeit präsentieren am 16. und 17. September in Hofheim.
  • Besichtigung einer Holzschnitzerwerkstatt
  • Besichtigung einer Bronzegießerei
  • Besichtigung eines Kunsthandwerkermarktes

Abschließend noch einige Anmerkungen zum Hintergrund der Reise:
Die Partnerschaft zwischen Chinon und Tenkodogo besteht seit 1980. Sie wurde aber in der jüngsten Vergangenheit zusätzlich zu den städtischen Aktivitäten auf ehrenamtliche Füße in Form des Vereins „Amitiè International de Chinon“ gestellt.

Die Stadt Hofheim hat die Partnerschaft von Chinon in der Zeit von 1982 bis 1994 finanziell mit bis zu 7.000 Mark jährlich unterstützt. Fünf Hofheimer Studentinnen beteiligten sich 1992 vier Wochen an einem sozialen Projekt, gemeinsam mit jungen Menschen aus Chinon und Tenkodogo. Der Förderkreis Hofheimer Städtepartnerschaften e.V. hat im September 1998 beschlossen, im Rahmen seiner Möglichkeiten soziale Einrichtungen und Projekte zu unterstützen.

Die Stadtverordnetenversammlung Hofheim hat im Oktober 2009 die Aktivitäten des Förderkreises in Burkina Faso ausdrücklich begrüßt und beschlossen, der Magistrat soll sich in Form verwaltungsseitiger Begleitung beteiligen. Hierfür stehen jedoch keine städtischen Mittel zur Verfügung. So haben auch alle Teilnehmer die Reise nach Burkina Faso aus eigener Tasche bezahlt.

Bilder der Reise

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Bilder der Reise