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Verunsicherung und Paranoia in Burkina Faso

Bei den Ermittlungen nach dem Anschlag in Ouagadougou geraten Verbindungen der Terroristen zur Armee und zum Putschgeneral Gilbert Diendéré ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Auch Verschwörungstheorien kursieren.

Erschienen in NZZ, 6. März 2018

Eine Terrorbande namens «Gruppe für die Unterstützung des Islam und der Muslime» (GSIM) hat die Verantwortung für den Anschlag in Ouagadougou vom Freitag übernommen. Bei der Attacke in der Hauptstadt von Burkina Faso wurden acht Sicherheitskräfte sowie acht Angreifer getötet, rund achtzig weitere Personen erlitten Verletzungen. Die jihadistische Gruppierung GSIM ist ein in Mali beheimateter Ableger von al-Kaida. Sie wurde erst vor einem Jahr als Zusammenschluss verschiedener Organisationen gegründet. Ihr Anführer ist der malische Targi Iyad Ag Ghali, der zugleich der islamistischen Gruppe Ansar al-Dine vorsteht.

Komplizen in der Armeespitze
Der Angriff am Freitag begann mit Männern, die im Stadtzentrum aus einem Auto sprangen und wahllos auf Passanten schossen. Dann versuchten sie die französische Botschaft zu stürmen. Zur gleichen Zeit explodierte eine Autobombe beim Hauptquartier der Armee. Die Explosion richtete beträchtlichen Schaden an und zerstörte einen Raum, in dem zu diesem Zeitpunkt ein Treffen der Armeeführung über die internationale antijihadistische Truppe G5 Sahel stattfinden sollte. Die Zusammenkunft war im letzten Moment in einen anderen Raum verlegt worden.

Offenbar trugen die Angreifer Militäruniformen. So gelang es ihnen, am Hintereingang die Wächter des schwer gesicherten Gebäudes auszutricksen und in den Innenhof vorzudringen. Gleichzeitig eröffneten die Terroristen von aussen das Feuer, töteten einen Wächter und warfen eine Granate auf den Posten. Dann fuhren sie mit dem Fahrzeug, das mit Sprengstoff beladen war, vor den Sitzungssaal und brachten die Bombe zur Explosion.

Dies alles legt die Vermutung nahe, dass die Angreifer das Hauptquartier gut kannten oder sogar Verbündete in der Armee hatten. Die zuständigen Behörden äusserten denn auch den Verdacht, dass hochrangige Militärvertreter in die Attacke involviert gewesen seien.

Der lange Schatten Compaorés
Gut möglich ist auch, dass ein Zusammenhang mit dem misslungenen Staatsstreich vom Oktober 2015 besteht. Damals wurde der General Gilbert Diendéré von den Putschisten an die Spitze einer selbsternannten Regierung gesetzt, musste sich dann aber der eigenen Armee ergeben. Diendéré war die rechte Hand des Präsidenten Blaise Compaoré gewesen, der im Oktober 2014 nach 27 Jahren durch einen Volksaufstand aus dem Amt gejagt wurde. Der Putsch von 2015 war der Versuch seiner Garde, ihrer endgültigen Entmachtung zuvorzukommen. Der Prozess gegen den früheren Geheimdienstchef Diendéré hätte am 27. Februar dieses Jahres beginnen sollen, wurde aber vertagt, nachdem seine Anwälte aus Protest gegen angebliche Formfehler den Saal verlassen hatten. In Ouagadougou kursiert die These, dass der Angriff von Kreisen um Diendéré in Auftrag gegeben wurde, um Druck auf den Staat in Hinblick auf seine Freilassung auszuüben. Dem heute im Ausland lebenden Compaoré und seiner Entourage wurden immer wieder Kontakte zu Jihadisten, insbesondere in Mali, nachgesagt. Nach dieser Lesart wäre der Angriff auf die französische Botschaft lediglich ein Ablenkungsmanöver gewesen, um der Attacke das für islamistische Terrorakte typische antiwestliche Aussehen zu verpassen, während es in Wirklichkeit um etwas anderes ging.

Die Tatsache, dass die französische Botschaft und auch das in der Nähe des Armeehauptquartiers liegende Institut français keine grösseren Schäden erlitten, gibt Verschwörungstheorien Auftrieb. In Ouagadougou gibt es nicht wenige, die «die Franzosen» hinter den Anschlägen vermuten. Die Hypothese ist allerdings unplausibel, da der Angriff offensichtlich dem G5-Sahel-Treffen galt. Die französische Regierung ist die treibende Kraft hinter dem Militärbündnis, das neben Burkina Faso auch Tschad, Mali, Mauretanien und Niger umfasst.

Ende November 2015 wurde Roch Marc Kaboré zum neuen Staatschef gewählt. Er war gerade einmal zwei Wochen im Amt, als ein Anschlag auf ein Hotel in Ouagadougou 29 Todesopfer forderte, unter ihnen auch zwei Schweizer. Letzten August wurden bei einer Attacke auf ein Restaurant knapp 20 Personen getötet. Möglicherweise bestand zwischen den Jihadisten und der Compaoré-Clique – inklusive Diendérés und anderer hoher Militärs – ein Pakt, der unter Kaboré nun nicht mehr gilt.

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